Von der Wärme der Erde
Mechthild Schroeter-Rupieper, die auch schon unseren -> Trauerchat morderiert hat, lässt uns folgende kleine und tröstende Geschichte zukommen:
Kälteschock
Luca war sieben Jahre alt, als er im Herbst bei einem Unfall starb.
Als jetzt der Frost einsetzt, kommt Andrea, seiner Mutter, ein für sie furchtbarer Gedanke und sie erzählt davon: „Und dann gehe ich frühmorgens an die gelbe Tonne. Es ist draußen noch dunkel und ich will sie öffnen und etwas reinschmeißen und dann ist sie zugefroren. Es durchfuhr mich wie ein Kälteschock: Ich guckte ich Richtung Friedhof und dachte: ‚Da liegt Luca jetzt im Grab und friert.‘“
Sie schaut mich an und fährt fort: „Es war doch so warm zu der Zeit, als er starb. Ich dachte ja da noch nicht daran, ihm eine warme Decke mitzugeben.“
Andrea reibt sich die Finger, sie fröstelt, als sie davon erzählt, obwohl es warm ist im Raum.
Und ich bin so dankbar um den alten Friedhofsgräber, der einmal in der Jugendtrauergruppe zu Gast war. Die Jungen und Mädchen stellten ihm viele Fragen und die 15jährige Angelina sprach dabei auch über die Gedanken, dass ihre Mama im Grab frieren könne.
Da sagte dieser alte Friedhofsmitarbeiter, der damals mit 14 Jahren anfing, in diesem Beruf zu arbeiten und mit der Schaufel 2.400 Gräber eigenhändig ausgehoben hatte: „Mädchen, hab‘ keine Sorge! Die Erde, die ist ganz warm.“
Und als Angelina antwortete, der Erdboden sei doch im Winter total zugefroren, wie könne es dann warm sein, erwiderte er:
„Die Erde ist nur oben, ca. einen halben Meter, festgefroren. Darunter ist sie ganz locker und wird deine Mutter in der kalten Zeit wärmen.“
Und wie er das so beschrieb, hörte sich seine Erdbeschreibung ähnlich an wie die Weiche und Wärme einer dicken Daunendecke.
Es tat Angelina und auch den anderen Jugendlichen sichtbar gut, das von einem alten Mann zu hören, der mit einer Ruhe und Gewissheit glaubwürdig darüber sprach.
Davon erzähle ich Andrea, die erleichtert zuhört und dann sagt: „Ach, wenn das so ist, wie gut wäre das!“
Und beim nächsten Treffen sagt sie: „Es geht mir so gut mit der Information, dass Luca da unten nicht zugefroren ist. Es ist verrückt, ich weiß, er ist tot, da liegt nur sein Körper, der nichts mehr spürt und trotzdem fühlte es sich so kalt an. Der Gedanke, dass die Erde wie eine Daunendecke sein kann, hat mir so gutgetan.“
Wir freuen uns so sehr, dass damals der Friedhofsgräber mit in unsere Trauergruppe gekommen ist. Bis heute wirkt sein Besuch noch nach.
Mechthild Schroeter-Rupieper, Jahrgang 1964, lebt mit ihrem Mann und ihren drei Söhnen in Gelsenkirchen.
Als Begründerin der Familientrauerarbeit in Deutschland, als Mitbegründerin in Österreich und der Schweiz ist sie europaweit als Fortbildungsreferentin tätig. In Vorträgen und Seminaren zeigt die seit 1992 erfahrene Familientrauerbegleiterin Hilfestellungen im Fall von (akuten) Trauer- und Trennungssituationen auf.
Zahlreiche Aus- und Weiterbildungen in der Trauer- und Verlustberatung vervollständigen dabei ihren Lebenslauf. Der Unternehmerinnenbrief NRW rundet ihre Tätigkeit ab.
Mehr über Mechthild gibt es hier: -> www.familientrauerbegleitung.de